Corona: Wie sich die Krise auf die Wirtschaft auswirkt
Albstadt/Sigmaringen. Das neuartige Coronavirus hat das gesamte öffentliche und private Leben innerhalb von wenigen Wochen radikal verändert. Professor Wilfried Funk ist Prodekan der Fakultät Business Science and Management an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen und leitet mit seinem Kollegen Prof. Dr. Jonas Rossmanith das Kompetenzzentrum für internationale Rechnungslegung und internationales Controlling. Im Interview beschreibt Professor Funk die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise.
Was unterscheidet die Corona-Krise von anderen?
Während vergangene Krisen oft nur einzelne Wirtschaftsbereiche und Regionen betrafen, hat Corona einschneidende weltweite Wirkungen auf Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Wir müssen erkennen, wie fragil die globale ökonomische Vernetzung ist und dass ein solches Virus sich in keiner Weise an geografische und politische Grenzen hält. Innerhalb von wenigen Tagen wurde uns auch in Deutschland bewusst, dass eine lückenlose und sichere Versorgung mit Konsumgütern und Dienstleistungen auf einmal nicht mehr selbstverständlich, sondern im wahrsten Sinne des Wortes wertvoll ist.
Viele Unternehmen geraten durch den sogenannten Shutdown in eine teils existenzbedrohende Lage. Wie kann ihnen geholfen worden?
Wir sehen, dass dieser medizinisch sicherlich sinnvolle Shutdown sehr schnell gravierende ökonomische Wirkungen zeigt. Hier gilt es, insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen schnell und pragmatisch zu helfen, da diese Betriebe aufgrund ihrer Unternehmens- und Kapitalstruktur relativ geringe Rücklagen haben. Eine Hilfe ist dabei nur dann effektiv, wenn schnell und direkt mit Transferzahlungen und nicht nur mit Krediten geholfen wird. So ist zu bedenken, dass etwa Hotel- und Gastronomiebetriebe einen totalen Verlust und keinen Aufschub an Umsätzen haben: Ein Gast wird nach der Krise nicht an einem Abend zwei Menüs bestellen oder für sich allein zwei Hotelzimmer belegen.
Bringt die Situation vielleicht auch positive Effekte mit sich?
Ja. Bei all den Schwierigkeiten und dem Verzicht ist es beeindruckend, wie viel Hilfe und Zusammenhalt in der Gesellschaft zu spüren sind und Solidarität nicht nur eine Worthülse darstellt, sondern Leitlinie für fürsorgliches Handeln bildet. Barrieren und Konflikte in Wirtschaft und Gesellschaft scheinen innerhalb von Tagen überwunden zu sein. Es ist in besonderer Weise zu hoffen, dass nach dem Überwinden der Corona-Krise die Loyalität und die aktuelle Wertschätzung zum Beispiel für Gesundheitsbereiche, kommunale Unternehmen und Bildungseinrichtungen nicht nur Worte umfassen, sondern verstärkt eine Leitlinie für das zukünftige Handeln darstellen.
Wie geht es nach der Corona-Krise weiter?
Wir müssen erkennen, dass nach der Überwindung der Corona-Krise die Problemfelder, die uns vor der Krise beschäftigten, auch nach der Krise existent sind: Eine aufgeschobene Operation wird nicht einfacher und nicht weniger relevant. Betrachtet man etwa die Automobilindustrie, so bleiben die strukturellen Herausforderungen der Transformation im Bezugsrahmen von alternativen Antrieben, Vernetzung und Digitalisierung bestehen, sie werden jedoch aktuell – aus sehr nachvollziehbaren Gründen – von der Bewältigung der Corona-Krise überlagert. Die gegenwärtige Kreativität und Flexibilität müssen dabei auch weiterhin Leitlinien für die Bewältigung zukünftiger Herausforderungen bilden. „Aus der Krise lernen“: Das sind zunächst nur wohlklingende Worte. Aus den Worten Taten und veränderte Handlungsmuster abzuleiten, ist jedoch ein prägender Lerngewinn für uns alle.