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Coronavirus: Wie lange bleibt es auf Oberflächen infektiös?

Albstadt/Sigmaringen. Prof. Dr. Thole Züchner ist Studiendekan des Bachelorstudiengangs Bioanalytik an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen. Er beschreibt, wie lange das Coronavirus theoretisch auf verschiedenen Oberflächen überleben kann – und dass die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien zu diesem Thema sich häufig nicht 1:1 auf den Alltag übertragen lassen.

Wir berühren im Alltag zahlreiche Gegenstände und Oberflächen – nicht nur zu Hause, sondern auch unterwegs. Wie lange ist das Coronavirus auf Oberflächen denn eigentlich infektiös?

Aktuelle Studien gehen davon aus, dass solche Oberflächen theoretisch bis zu 72 Stunden lang infektiös bleiben könnten.

Wie gelangt das Virus dorthin?

Zum einen dadurch, dass infizierte Personen die Oberflächen ebenfalls berührt und vorher beispielsweise in die Hände gehustet haben. Zum anderen durch Tröpfchen aus der Atemluft, die auf diese Oberflächen gelangt sind.

Wie wahrscheinlich ist es, sich auf diesem Weg anzustecken?

Wenn eine gesunde Person solche Oberflächen anfasst und anschließend mit der Hand das eigene Gesicht berührt, dann besteht die theoretische Gefahr, sich hierüber zu infizieren. Deshalb ist es wichtig zu wissen, wie lange das Coronavirus auf solchen Oberflächen infektiös bleiben kann: Es macht natürlich einen Unterschied, ob die Türklinke noch 72 Stunden infektiös bleibt oder nur wenige Stunden oder gar nur Minuten.

Gibt es dazu schon konkrete Erkenntnisse?

Wie lange das Coronavirus auf unterschiedlichen Oberflächen infektiös bleibt, weiß man aus entsprechenden wissenschaftlichen Studien, in denen verschiedene Metalle, Kunststoffe oder Holz untersucht wurden. Die Wissenschaftler stellten dafür eine Lösung her, in der eine bestimmte Zahl von Coronaviren vorkam. Davon haben sie dann eine kleine Flüssigkeitsmenge auf die Oberflächen aufgetragen. Nach verschiedenen Zeitabständen, z.B. nach 24 Stunden, haben sie dann an derselben Stelle mit einer neuen Lösung die dann schon mehr oder wenigen trockenen Stellen neu benetzt und damit die Coronaviren wieder aufgenommen. Diese hat man dann auf Zellen einer Zellkultur aufgetragen und sich angeschaut, ob die Coronaviren noch in der Lage waren, diese Zellen zu infizieren.

Was bedeuten solche Studien für unseren Alltag?

Die Studienergebnisse sind nicht ganz einfach zu interpretieren. Im Alltag sieht das Ganze ja anders aus als im Labor: Winzigste Flüssigkeitsmengen auf der Haut oder aus der Luft landen auf diesen Oberflächen und brauchen vielleicht nur einen Bruchteil der Zeit, um einzutrocknen, als das bei den vermutlich größeren Flüssigkeitsmengen in der Studie der Fall war. Und Viren überleben in Flüssigkeiten weitaus länger als in trockenem Zustand. Außerdem werden die Viren, die auf einer Oberfläche anhaften, ja über die Haut neu aufgenommen, dabei weiter verteilt und damit verdünnt. Teilweise werden sie sogar durch das saure Milieu unserer Haut inaktiviert. Das sagen im Übrigen auch Experten wie Prof. Dr. Christian Drosten, leitender Virologe der Charité Berlin.

Wie wahrscheinlich ist es dann also, sich auf diesem Weg anzustecken?

Meine persönliche Meinung zum Thema ist folgende: In unserem Alltag sind Oberflächen wahrscheinlich deutlich kürzer infektiös als 72 Stunden – je trockener und wärmer es ist, desto kürzer wird der Zeitraum. Die größere Gefahr sich anzustecken geht sicherlich davon aus, erkrankten Personen näher als 1,5 oder zwei Meter zu kommen und sich durch direkte Tröpfcheninfektion zu infizieren.

Bringt es etwas, beispielsweise den Einkaufswagen vor der Benutzung zu desinfizieren?

Kaum, da man ja allein im Supermarkt weit mehr berührt als nur den Einkaufswagen – nämlich zahlreiche Produkte, denen das Virus theoretisch auch anhaften kann. Viel sinnvoller ist es tatsächlich, Distanz zu anderen zu wahren, sich regelmäßig gründlich die Hände zu waschen und sich möglichst wenig ins Gesicht zu fassen.

 

Weiterführende Informationen: Das Thema zeigt deutlich, dass es bei wissenschaftlichen Studien eine Herausforderung ist, die Übertragbarkeit auf die reale Situation im Alltag gewährleisten zu können, sagt Prof. Dr. Thole Züchner. „Dies ist eines der Dinge, die wir unseren Studierenden im Studiengang Bioanalytik mit auf den Weg geben.“