Hochschule und Imker kommen der Wirkung von Propolis auf die Spur
Albstadt/Sigmaringen. Die Hochschule Albstadt-Sigmaringen und der Bezirksimkerverein Balingen-Geislingen-Rosenfeld e.V. planen eine bislang einzigartige und richtungweisende Kooperation. Basis der Zusammenarbeit ist eine wertvolle Substanz, die Bienen laufend produzieren: Propolis, eine Art Kittharz, das die Insekten unter anderem zum Abdichten beschädigter Stellen im Bienenstock verwenden. Propolis gilt als antibakteriell und antiviral und enthält zahlreiche gesundheitsfördernde Stoffe.
„In Zeiten zunehmender Antibiotikaresistenzen könnte Propolis einen großen Nutzen in der Medizin bringen“, sagt Prof. Dr. David Drissner. Er ist Mikrobiologe, selbst Hobbyimker im Verein und hat die Kooperation gemeinsam mit dessen Vorsitzenden, Friedrich Scholte-Reh, initiiert.
Vorgesehen ist, dass der Imkerverein die Ernte und Lieferung des wertvollen Propolis übernimmt und die Hochschule die Forschung. „Um herauszufinden, welchen Einfluss die umliegende Vegetation auf die Propolis-Produktion hat, erhalten wir das Harz von zwei unterschiedlichen Standorten“, sagt David Drissner. Dieser regionale Aspekt sei bisher vernachlässigt worden.
Auch Friedrich Scholte-Reh ist froh, dass sich das nun ändert. „Ich bin immer dafür, regional zu forschen und den Austausch zwischen Forschern und Aktiven aus der Praxis zu intensivieren“, sagt er. Darüber hinaus sieht er in der Zusammenarbeit auch konkrete Vorteile für die Imker vor Ort: „Es wird sich ja um Forschungsergebnisse handeln, die in unserem Gebiet gewonnen wurden“, sagt er. „Wir können sie also 1:1 für uns nutzen.“
Im Labor wird das Propolis auf seine antibakterielle Wirkung getestet
Einer der beiden Bienenstände befindet sich im Sigmaringer Ortsteil Oberschmeien und ist von Rapsfeldern umgeben; der andere steht in Balingen im Bereich von Streuobstwiesen. Betrieben werden beide Bienenstände von Imker Thomas Leukhardt, der das Propolis zusammen mit Julia Balke erntet; sie wird dann im Labor der Hochschule unterschiedliche Tests durchführen. Die 20-Jährige studiert im sechsten Semester Lebensmittel, Ernährung, Hygiene (LEH) und freut sich schon sehr auf das Projekt. „Ich möchte auch nach meinem Studium gern im Bereich Mikrobiologie arbeiten“, sagt sie. Der Vorschlag von Prof. David Drissner, das geplante Projekt zu bearbeiten, kam also wie gerufen. „Ich hatte noch nie etwas mit Bienen zu tun“, sagt die Studentin. „Aber genau das finde ich spannend – mich in einen ganz neuen Bereich einzuarbeiten.“
Im Labor wird das Propolis unter anderem auf seine antibakterielle Wirkung gegen verschiedene Bakterien und Schimmelpilze getestet. Auch antibiotikaresistente Bakterien sind dabei, sagt David Drissner. In die Forschung wird dabei immer auch der regionale Aspekt einbezogen: „Wie sieht es beispielsweise mit dem Einsatz von Pestiziden auf den Rapsfeldern in Oberschmeien aus? Verursacht er Rückstände im Propolis, und wie beeinflussen diese gegebenenfalls dessen Wirksamkeit?“
Offene Fragen gibt es viele, „da betreiben wir in Sigmaringen anwendungsorientierte Forschung“, sagt der Professor. Er ist sich daher sicher, dass die Kooperation mit dem Bezirksimkerverein stetig ausgebaut werden wird. Und auch für Julia Balke könnte es nach ihrer Projektarbeit weitergehen: „Wenn jetzt gute Ergebnisse herauskommen, möchte ich darauf meine Bachelorarbeit aufbauen.“