Interview mit Prof. Dr. Stefan Schildknecht
Prof. Dr. Stefan Schildknecht ist seit dem Wintersemester 2020/21 Professor für Stammzellbiologie, Pharmakologie und Toxikologie an der Fakultät Life Sciences der Hochschule Albstadt-Sigmaringen. In einem Interview steht er Rede und Antwort zu seinen Lehrgebieten und seinen Forschungsschwerpunkten.
- Lieber Herr Schildknecht, was haben Sie gemacht, bevor Sie Professor an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen wurden?
Bevor ich an die HS Sigmaringen gekommen bin, habe ich als Gruppenleiter am Lehrstuhl von Herrn Prof. Leist, In vitro Toxikologie und Biomedizin, an der Universität Konstanz, gearbeitet. Der Schwerpunkt lag hierbei auf der Etablierung von zellulären Testmodellen, welche neben einer Anwendung in der Grundlagenforschung im Besonderen für einen Einsatz in pharmakologischen und toxikologischen Testungen entwickelt wurden. Ein spezieller Fokus lag hierbei auf neuronalen Zellmodellen. Das Ziel der Arbeit bestand in der Etablierung von Testsystemen, welche Vorgänge in der Zelle erfasst, die durch subtoxische Konzentrationen ausgelöst werden. Dies ist insofern bedeutend, da eine Exposition mit Umweltgiften, denen wir tagtäglich ausgesetzt sind, ebenfalls in Konzentrationsbereichen abläuft, welche nicht direkt zellschädigend sind, jedoch zu Veränderungen von z.B. Genexpressionmustern, oder zur Aktivierung von zellulären Signalkaskaden führt, welche langfristig einen unvorteilhaften Einfluss auf die Zelle haben.
Vor meiner „neuronalen“ Zeit habe ich im Bereich der kardiovaskulären Biologie gearbeitet und mich mit der Rolle von freien Radikalen in unserem Blutgefäßsystem beschäftigt, was mich u.a. an die Boston University geführt hat.
- Was führt Sie zu uns?
Im Laufe meiner Lehrtätigkeit an der Universität Konstanz habe ich gemerkt, dass mir die Lehraufgaben sehr viel Freude bereiten und bei den Studierenden recht gut angekommen sind. Somit entstand im Laufe der Zeit der Wunsch, den Lehraspekt mehr ins Zentrum meiner Arbeit zu stellen. Durch die Zusammenarbeit innerhalb eines gemeinsamen Graduiertenkollegs zwischen der HS Sigmaringen und der Universität Konstanz habe ich Herrn Bergemann kennen gelernt, der mich eingeladen hat, einzelne Vorlesungen an der HS Sigmaringen abzuhalten. Für alle, die sich daran nicht mehr erinnern können - das war in einer Zeit, als zu einer Vorlesung alle Beteiligten in einem Raum zusammen gekommen sind…
Mir ist im Rahmen dieser Veranstaltungen bereits das ansprechende Arbeitsumfeld und die familiäre Atmosphäre an der HS Sigmaringen aufgefallen. Als dann die Stelle ausgeschrieben wurde, war für mich klar, was zu tun ist.
- Was sind Ihre Fachgebiete?
Ich habe Biologie studiert und mich früh in Biochemie spezialisiert. Der Schwerpunkt meiner Doktorarbeit lag im Bereich der medizinischen Chemie, danach kam es zu einer Themenverlagerung auf die Bereiche Pharmakologie und Toxikologie, in denen ich auch meine Habilitation angefertigt habe. Mit einem mehr als 10-jährigen Hintergrund in der Etablierung von zellulären Modellen für pharmakologische und toxikologische Fragestellungen, habe ich den Ruf an die HS Sigmaringen auf die Professur für Stammzellbiologie, Pharmakologie und Toxikologie erhalten und angenommen.
- In welchen Lehrveranstaltungen unterrichten Sie?
Mit meinem Start zum WS 2020/21 richtet sich meine Lehrtätigkeit auf Veranstaltungen im Masterstudiengang BMS. Dies wird sich im SS fortsetzen, wobei noch Lehrveranstaltungen in den Bachelorstudiengängen Pharmatechnik, LEH und Bioanalytik hinzukommen werden.
- Kann man bei Ihnen Projekt- und Abschlussarbeiten im Labor machen?
Ich bin gegenwärtig noch damit beschäftigt, das Labor zu etablieren, ab Januar 2021 wird die erste Masterarbeit anlaufen. Da die Einwerbung von Forschungsgeldern noch etwas Zeit in Anspruch nehmen wird, ist die Anzahl der praktischen Projekte und Abschlussarbeiten gegenwärtig noch limitiert, wird sich aber hoffentlich im Laufe der Zeit deutlich ausweiten.
- Was sind die Schwerpunkte Ihrer zukünftigen Forschungsprojekte?
Im ersten Forschungsprojekt geht es um die Etablierung eines neuronalen Ferroptose-Modells. Die Ferroptose ist, neben der Apoptose und Nekrose, eine eisenabhängige Form des Zelltodes, welche erst seit einigen Jahren bekannt ist. Dies ist insofern von Interesse, da sich hier Ansatzpunkte für potentielle pharmakologische Interventionen ergeben. In einem weiteren Forschungsprojekt geht es um zelluläre Stress Response Pathways, deren Aktivierung zu einer Stimulation von endogenen Schutzmechanismen der Zelle führt. Diese Schutzmechanismen werden oft nach Exposition mit zellschädigenden Bedingungen (Toxine, UV-Strahlung etc.) aktiviert. Der Schwerpunkt des Projektes liegt auf der Identifikation solcher Substanzen oder Bedingungen, welche selbst keine schädigende Einflüsse ausüben, aber trotzdem zu einer Aktivierung der Schutzmechanismen führen. Ziel dabei ist, die Resilienz der Zellen gegenüber sekundären Umwelteinflüssen zu erhöhen.
Die beiden Forschungsprojekte sollen inhaltlich die Grundlage für ein geplantes Testverfahren darstellen, welches im Rahmen des InnoCamp etabliert werden soll. Dabei soll in Zusammenarbeit mit weiteren Arbeitsgruppen der HS Sigmaringen eine Batterie an zellbasierten Assays entwickelt werden, mit deren Hilfe z.B. toxikologische Untersuchungen, aber auch Untersuchungen im Rahmen der bereits bestehenden anti-Aging-Projekte, angeboten werden können.
- Vielen Dank für das spannende und unterhaltsame Interview!
Wer nun Interesse an einer Forschungsarbeit oder einer industriellen Kooperation hat, kann sich gerne an Herrn Prof. Dr. Schildknecht wenden (schildknecht@hs-albsig.de).