Studierende präsentieren Microfactory auf internationaler Sportmesse
Albstadt/Sigmaringen. Masterstudierende der Hochschule Albstadt-Sigmaringen (Textil- und Bekleidungsmanagement) haben um eine von ihnen entwickelte Skitouring-Hose eine sogenannte Microfactory entwickelt und präsentieren dieses Industrie- und Forschungsprojekt diese Woche auf der ISPO (Internationale Fachmesse für Sportartikel und Sportmode) in München. Unterstützt wurden sie von verschiedenen Kooperationspartnern, unter anderem den Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung Denkendorf. Eine Microfactory ermöglicht es, selbst kleine Losgrößen von nur einem Stück auf Kundenwünsche angepasst herzustellen, ohne dabei die Vorteile der Serienfertigung komplett einzubüßen.
In Zeiten zunehmender Individualisierung und gestiegener logistischer Herausforderungen im Bekleidungssektor ist das Potenzial dieser Produktionsform enorm. Die Produktion lässt sich flexibel gestalten, die Prozesskette ist verschlankt, Transportwege werden minimiert, es kann lokal und mit geringerem Personalaufwand produziert werden – alles Argumente, die aus Sicht der betreuenden Professoren Christian Kaiser und Matthias Kimmerle dafür sprechen, ihre Studierenden mit dieser zeitgemäßen Produktionsform experimentieren zu lassen.
Der Konzeption der Microfactory gingen grundlegende Überlegungen zum Produkt voraus. Um es fit für die Microfactory zu machen, wurde der Schnitt bewusst vereinfacht und die Zahl der Schnittteile so weit wie möglich reduziert. Mit den Mitteln der 3D-Visualisierung spielten die Studierenden anschließend verschiedene Musterdrucke für ihre Hose durch und trafen eine Auswahl. Anstatt das Muster nun probeweise zu vernähen, platzierten sie die Schnitte mittels 3D-Software auf einem Avatar und ließen die Einzelstücke in einer Simulation digital vernähen. Abgerundet wird die Skihose von einer eigens designten Schnalle samt Logodruck, die die Studierenden per 3D-Druck herstellten. Auf der ISPO möchten die Studierenden nun live Skitourenhosen produzieren, die dem Kundenwunsch entsprechend vor Ort bedruckt werden.
Bereits vor diesem Praxistest waren die Studierenden vom Potenzial der Microfactory überzeugt – die kurzen Reaktionszeiten und die Variabilität entsprächen in jeder Hinsicht den aktuellen Branchentrends, so ihr Fazit. Natürlich müsse man für die Umstellung Investitionskosten und Vorlaufzeiten einrechnen, und eine Microfactory ließe sich mit Sicherheit nicht beliebig auf jedes Produkt anwenden. Prof. Christian Kaiser, der vor seiner Berufung an die Hochschule bereits in der Praxis mit der Implementierung von Microfactorys befasst war, bestätigt diesen Eindruck: „Das Thema beinhaltet für alle, auch für uns in der Lehre, einen enormen Lernprozess“, sagt er. „Wir haben an dieser Stelle die Chance, eine innovative Technologie systematisch aufzugreifen, und behalten dabei die komplette Prozesskette im Blick. Dieser ganzheitliche Ansatz unterscheidet uns von anderen Hochschulen und wird unserem Anspruch gerecht, die Führungskräfte von morgen für die Textilbranche auszubilden.“
Im nächsten Semester steht eine Rückschau auf die ISPO auf dem Plan, zu der Professor Kaiser Interessierte ausdrücklich einlädt. Für die Zukunft denkt er in deutlich größeren Dimensionen: Die Hochschule soll langfristig eigene Microfactory-Varianten aufbauen und zur Lernfabrik für die Region, für Studierende und Start-ups heranwachsen. Ein erster Schritt in diese Richtung wird im Februar gemacht, wenn ein neuer Zündcutter in Betrieb genommen und die Zukunft der textilen Fertigung eingeläutet wird – eine Zukunft, die der textile (Ausbildungs-) Standort Albstadt sicher mitgestalten wird.