Vom interdisziplinären Forschungsprojekt zum Start-up
Albstadt/Sigmaringen. Master-Studierende der Hochschule Albstadt-Sigmaringen haben in Kooperation mit Vaude Vietnam die Rucksackproduktion des Outdoor-Herstellers analysiert und optimiert. Gemeinsam entwickelte das interdisziplinäre Team aus Textilingenieuren und Informatikern ein innovatives Softwaretool, das den Produktionsprozess automatisiert und Schwachstellen im Produktionsablauf sichtbar macht.
Die Studierenden der Studiengänge Textil- und Bekleidungsmanagement sowie Systems Engineering waren mit dem Ziel in das Projekt gestartet, ineffiziente Nähprozesse über ein sogenanntes MES (Manufacturing Execution System) aufzuspüren und zu optimieren. Dafür zerlegten sie den Arbeitsprozess zunächst in einzelne Teilschritte und ordneten jedem Baustein einen Barcode zu. Um diesen in der Software abbilden zu können, wurde ein eigenes Excel-Datenformat entwickelt. Damit die App bei jedem Arbeitsschritt genutzt werden kann, ohne die Produktion unterbrechen zu müssen, werden alle Stationen mit einem Tablet und entsprechender Halterung ausgerüstet. Bei der Auswahl der passenden Modelle mussten die Studierenden die klimatischen Bedingungen in Vietnam berücksichtigten und führten eigens Tests im Klimaschrank der Hochschule durch.
Die neue App bietet Produktionsmitarbeitenden und -leitern diverse Funktionen und Informationen: Benutzer können sich an ihrer Arbeitsstation einloggen. In der App wählen sie dann die Maschine, den Produktionsschritt oder Arbeitspläne, die in einer Datenbank hinterlegt sind. Den Mitarbeitenden stehen auf dem Tablet Buttons mit den Titeln „Finish“, „Stop“, „Info“ oder „Error“ zur Verfügung; Probleme oder Störungen werden so unmittelbar im System erfasst und können schneller behoben werden. Gleichzeitig fällt eine große Menge an Daten an, was die Auswertung und Optimierung der Abläufe erheblich erleichtert.
Dass Konzept und Software nahtlos ineinandergreifen, demonstrierten die Studierenden am Ende ihrer Abschlusspräsentation bei einer Live-Demonstration. Die Studierenden aus dem Bereich Textilmanagement hatten dafür eine kleine Produktionslinie mit Tablets an jeder Station aufgebaut. In wenigen Minuten nähten sie unter Anwendung der Software mehrere Taschen mit Hochschullogo, die den Gästen und Projektpartnern als Andenken überreicht wurden.
Zwar konnten die engen Kostenvorgaben vom Projektstart – für Hard-und Software knapp 100 Euro pro Näharbeitsplatz – nicht ganz eingehalten werden. Mit den Ergebnissen sind die betreuenden Professoren Matthias Kimmerle (Textil- und Bekleidungsmanagement) und Dr. Derk Rembold (Informatik) dennoch zufrieden: „Wir sind wieder ein großes Stück weitergekommen in der Entwicklung einer bezahlbaren, leistungsfähigen Softwarelösung für die Textil- und Bekleidungsindustrie und sind froh, dass dieses Projekt nun in Form eines Start-ups weitergeführt wird“, sagt Matthias Kimmerle. Denn für Projektleiter Philipp Schinacher ist der Abschluss des Projekts gleichzeitig ein Anfang: Er hat das Unternehmen „optifactory solutions“ mithilfe von Investoren gegründet und möchte das Tool zur Produktionsoptimierung im Markt etablieren.