Wie die Hochschule dem eigenen Fachkräftemangel begegnet
Albstadt/Sigmaringen. Es gehört zu den Kernaufgaben von Hochschulen, die so dringend gebrauchten hochqualifizierten Fachkräfte heranzubilden. Allerdings macht der Fachkräftemangel auch vor den Hochschulen selbst nicht halt – und zu der Tatsache, dass es qualifizierte potenzielle Professorinnen und Professoren ohnehin nicht wie Sand am Meer gibt, gesellen sich noch weitere Probleme: Die Einstiegshürden sind hoch und die Karrierechancen in der freien Wirtschaft obendrein häufig gut. „Bewerberinnen und Bewerber müssen bei uns nicht nur einen Doktortitel haben und Erfahrungen in der Lehre nachweisen“, sagt Bernadette Boden, Kanzlerin der Hochschule Albstadt-Sigmaringen. „Wegen unseres hohen Praxisbezugs kann bei uns im Gegensatz zur Universität außerdem nur Professor werden, wer mindestens fünf Jahre Berufserfahrung hat.“ Doch wer einmal so lange Industrieluft eingeatmet habe, sei häufig nicht ohne Weiteres für eine Professur zu gewinnen. „Leider, denn die Hochschule hat als Arbeitgeberin eine Menge zu bieten“, sagt die Kanzlerin. „Aber das ist vielen gar nicht bekannt.“
25 Professuren nachzubesetzen
Allein in den kommenden zehn Jahren sind an den beiden Standorten in Albstadt und Sigmaringen voraussichtlich 25 Professuren nachzubesetzen, weil die derzeitigen Stelleninhaberinnen und -inhaber in den Ruhestand gehen. „Zusätzlich müssen wir immer auch mit natürlicher Fluktuation rechnen“, sagt Bernadette Boden.
Daher freut es die Hochschule umso mehr, dass sie die Jury als eine von sieben in Baden-Württemberg mit ihrem Antragskonzept beim Bund-Länder-Programm „Förderung der Gewinnung und Entwicklung von professoralem Personal an Fachhochschulen“ überzeugen konnte. Einzelnen Hochschulen soll damit ermöglicht werden, individuelle Konzepte und Instrumente zur Personalrekrutierung und -qualifizierung zu erstellen, um Professorinnen und Professoren zu gewinnen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie die Länder stellen für die Laufzeit von sechs Jahren insgesamt mehr als 430 Millionen Euro bereit, an die Hochschule Albstadt-Sigmaringen fließen voraussichtlich knapp 1,5 Millionen Euro.
Umfangreiches Maßnahmenpaket geplant
Um dem Fachkräftemangel im eigenen Haus zu begegnen, will die Hochschule mit diesem Geld ein größeres Maßnahmenpaket umsetzen. „Wir wollen geeignete Personen bei der Promotion unterstützen und ihnen parallel ermöglichen, Lehrerfahrungen zu sammeln“, erklärt Bernadette Boden. Zweitens solle das Marketing in diesem Bereich ausgebaut und verbessert werden, um potenziell Interessierte besser zu informieren. Als weiteren Schritt will die Hochschule den Einstiegsprozess und die Einarbeitung neuer Professorinnen und Professoren verbessern und last but not least sogenannte Forschungsprofessuren etablieren, mit denen Anreize für forschungsstarke Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geschaffen werden sollen.
„Forschende an Hochschulen für angewandte Wissenschaften brauchen zeitliche Freiräume“, sagt Innovations- und Transfermanager Steve Kovacs. „Nun können wir aus Projektmitteln finanzieren, dass das Lehrdeputat für Forschungsprofessuren reduziert wird.“ Personalentwicklerin Dr. Christina Sick begrüßt den Ansatz, „das Personal, das wir heute nicht mehr so einfach finden, selbst aufzubauen“, wie sie sagt. „Wir können sogar besonders talentierte Studierende viel früher über entsprechende Qualifizierung an uns binden, wenn die entsprechenden Strukturen aufgebaut werden.“
Die richtigen Adressaten erreichen
Neben Steve Kovacs und Christina Sick haben auch Benjamin Hesse, Leiter des Instituts für zukunftsfähiges Lehren und Lernen, sowie die neuberufenen Professoren Dr. Christofer Fein und Dr. Christian Henrich an dem Antrag mitgeschrieben, der das 24-köpfige Auswahlgremium letztlich überzeugt hat. „Wir haben viele Stärken“, sagt Bernadette Boden. „Wir bieten ein persönliches Umfeld mit viel Raum für eigene Ideen und sehr familienfreundliche Arbeitsbedingungen. Nun wollen wir noch intensiver dafür sorgen, dass diese Informationen auch bei den richtigen Adressaten ankommen.“